Daniela Eichberger
Autorin, Pädagogin, Spieleentwicklerin &
„Vorsorge-Botschafterin“
Meine Leidenschaft das Thema Tod, Sterben, Trauer und Vorsorge von einer neuen Perspektive zu beleuchten fand seinen Ursprung in meinem Death Dula Training im Jahr 2014. Während meiner Ausbildung durfte ich lernen wie ich mit viel Sicherheit & Mitgefühl eine Person durch die verschiedenen Stadien des Todesübergangs begleite, sowie auch den sicheren Raum für die Trauergemeinde gestalte um sich von der Person zu verabschieden. Als Sterbebegleiter ist man wie ein Freund, der einen am Lebensende zur Seite steht, egal welche Glaubenssätze die Person die im Sterben liegt bezüglich des Tods und des Leben danach hat. Die Tätigkeit beinhaltet verschiedene Aufgaben; der Person zu helfen das Leben Revue passieren zu lassen, ungelöste Angelegenheiten noch gemeinsam mit der Familie zu lösen, die Familie bei der Trauer und dem Abschied emotional zu unterstützen, sowie die Verwirklichung von Wünschen bezüglich der Beerdigung & der Feier zu unterstützen. Je nach Glauben System oder spiritueller Ausrichtung, Zustand und Werten der Person, wird auch die Begleitung sehr individuell und kann verschiedene spirituelle, religiöse oder nicht religiöse Rituale beinhalten.
Bei dem Tod meiner Mutter im Dezember 2015 durfte ich meine Ausbildung als Sterbebegleiter das erste Mal anwenden. Ich hatte eine unglaubliche Leichtigkeit gespürt die Beerdigung & Feier meiner Mutter abzuwickeln und fühlte mich ermächtigt. Diese Leichtigkeit war ein Segen für meine Familie, die mir unglaublich dankbar war, dass ich die Organisation der Beerdigung so schnell abwickelte und die Feier auch sehr persönlich gestaltete. Hier wurde mir zum ersten Mal bewusst das mir meine Ausbildung half handlungsfähig zu bleiben, nicht von der Trauer überwältigt zu sein, sowie jeden Schritt des Abschieds bewusst und kreativ mitzugestalten.
Als Sterbegleiter war ich in meiner Familie und in meiner Nachbarschaft schon bereits tätig und durfte Personen vor ihrem Tod begleiten, sowie den Partner nach einem Verlust. Manchmal inkludierten diese Begleitungen auch eine Trauer Pate mitzugestalten, ein Trauer Video zu erstellen, sowie Impulse zur persönlichen Gestaltung der Beerdigung und Feier einzubringen. Als Sterbebegleiter entwickelt man mit der Zeit auch ein Gespür für Familienmitglieder, die sich bald verabschieden werden, sodass man Personen noch rechtzeitig vorwarnen kann und diese Zeit zum Abschied nehmen haben.
Während Corona nutze ich die Zeit um das Kartenspiel „Spiel mit dem Tod“ zu entwickeln, das 123 Fragekarten zum Tabuthema Tod beinhaltet. Das Kartenspiel ist zur Vorsorge gedacht, es ist ein Türöffner um das Tabuthema Tod auf spielerische Art und Weise zu entdecken und Neues von seinem Partner, Freunde, Familie & über sich selbst zu erfahren wenn es um Entscheidungen rund um den Körper, Beerdigung, Testament und andere wichtige Entscheidungen zum Thema Tod geht. Ich wollte mit dieser spielerischen Herangehensweise, mehr Leichtigkeit in das Tabuthema Tod bringen, sowie die Leute motivieren das Thema von einem neuen Bewusstsein zu beleuchten. Ziel des Spiels ist es auch eigene Traditionen Rund um den Tod zu kreieren und Themen anzusprechen, die man bislang nicht so gerne in den Alltag brachte. Normalerweise wird der Bestatter oft zur Vertrauensperson, wenn es um Wünsche geht die das Lebensende betreffen. Das Spiel erlaubt es diese Wünsche auch im privaten Rahmen zu äußern und mit Hand eines Antwortblatts sich seine eigenen Antworten sowie die Antworten der Mitspieler aufzuschreiben und für den Notfall aufzuheben. Zusätzlich zum Spiel gibt es auch einmal im Monat eine Spielrunde wo Käufer des Spiels, sowie auch Sterbebegleiter, Bestatter, Trauerredner, Kunsttherapeuten zusammenkommen, um die Fragekarten gemeinsam zu spielen und neue Traditionen rund um den Tod ins Leben rufen. Das Spiel umfasst 10 verschiedene Themen: Die Sterbephase, Auseinandersetzung mit dem Tod im Alltag, Lebenserhaltende Maßnahmen, Testament, Alles rund um die Beerdigung, Glaubenssätze rund um den Tod, Leben nach dem Tod, Neue Rituale & Digitaler Tod, Lebensfragen für ein selbstbestimmtes Leben und Schräge und spannende Richtig/Falsch-Fragen. Zusätzlich zu dem Kartenspiel und dem Spieleabend, gibt es auch Spiel mit dem Tod Themenabendessen, Teambuilding Events und Seminare zum Thema Vorsorge die von Universitäten, Firmen, Hospizen, Familien oder individuellen Personen in Anspruch genommen werden können.
Das Thema Vorsorge liegt mir deshalb am Herzen, weil in meiner Familie der Tod oft sehr schwarz, traditionell und mit religiösen Traditionen überhäuft war. Es gab bezüglich der Wünsche am Lebensende keinen Raum zur Aussprache. Mir persönlich hat es oft an Liebe, Kreativität, Personalisierung, Ehrung der Person am Lebensende gefehlt, wenn ich zu Beerdigungen in meiner Familie gegangen bin. Es hat sich eher wie ein „Standardprogramm“ angefühlt wo man nur wenig darauf Einfluss hatte. Deswegen wollte ich hier für mich persönlich eine Veränderung die meinen spirituellen Glaubensätzen, meinen eigenen Traditionen & Vorlieben entspricht und Raum für Personalisierung erlaubt. Ich wollte bei meiner Beerdigung die ganzen Abläufe selbstbestimmen. Meiner Erfahrung nach ist der Tod und die Trauer so bunt und individuell wie auch das Leben der Person. Der Tod ist oft nicht so schwarz wie man glaubt, er bietet die Möglichkeit das Leben der Person noch einmal so richtig zu würdigen, die Person hochleben zu lassen und schöne Erinnerungen von der Person in Gedächtnis zu behalten.
Um Wünsche bezüglich des Lebensendes umzusetzen bedarf es allerdings einen Raum zur Aussprache den es oft in Familien nicht gibt. Es ist wichtig zu kommunizieren was ich selbst bestimmen möchte bzw. welche Entscheidungen ich meiner Trauergemeinde überlassen möchte, wenn es um Körper, Beerdigung und Feier danach geht. Deswegen ist mein Wunsch als “ Vorsorge-Botschafterin“ möglichst viele Personen ob jung oder alt, ob in der Universität, am Arbeitsplatz, im Hospiz oder im Familien- und Freundeskreis zu Hause zu erreichen und diese aufzufordern sich über das Lebensende Gedanken zu machen während man noch fit ist und mitten im Leben steht. Es dürfen sich Wünsche bezüglich des Lebensendes auch wieder über die Jahre ändern, allerdings hat man schon einmal einen Anfang gemacht, wenn man die derzeitigen Wünsche zur Aussprache bringt. Meiner Erfahrung nach hilft die Auseinandersetzung mit dem Tod im Alltag auch wieder bewusster und angstbefreiter ins Leben einzutauchen und das Leben noch mehr wertzuschätzen. Es hilft auch dabei die kleinen Alltagstode im Leben mit mehr Leichtigkeit zu meistern, weil man dem Tod am Lebensende schon ins Auge geschaut hat und mit ihm vertraut ist.
Oft steht man bei einem Todesfall unter Zeitdruck und man ist in einem emotionalen Ausnahmezustand. Man hat den Kopf oder die Zeit nicht dafür die benötigten Zeremonien, um den Tod so liebevoll und persönlich zu gestalten wie man es eigentlich will. Damit die Feier am Lebensende ein schöner Moment ist, an dem sich die Trauergemeinde auch gerne zurückerinnert, bedarf es an Vorbereitungen und einer Aussprache im Vorhinein. Anstatt „Hätte ich das doch nur gewusst“, kann man sich schon in jungen Jahren für seine Bestattung inspirieren lassen und diese je von Kultur, Spiritualität, Religiösen Glauben oder den eigenen Werten abhängig, persönlich gestalten und Wünsche diesbezüglich mit seinen Herzensmenschen, sowie seinem Bestatter der Wahl äußern. Heutzutage gibt es eine Vielfalt an Auswahl wie ich meine Beerdigung und Feier kreativ und persönlich selbst gestalte, somit kann jener Mensch seine Individualität auch über den Tod hinaus ausleben. Ich kann entscheiden, was mit meinem Körper geschehen soll, wer meine Beerdigung und Feier bezahlt, dass es okay ist, wenn Menschen auf meiner Trauerfeier tanzen und mich zelebrieren. Das alles ist für mich sowie meine Trauergemeinde, die zurückbleibt sehr hilfreich.